Zwei Drittel der eingeatmeten Aerosole gelangen in die tiefen Lungen-Areale

Es herrscht mittlerweile allgemeiner Konsens darüber, dass sich das Corona-Virus hauptsächlich über Aerosole verbreitet. Diese kleinsten Schwebeteilchen gelangen über die oberen Atemwege in den Körper. Das Virus dringt dann beispielsweise über die Nasenschleimhäute in den Körper ein und verbreitet sich von dort aus im menschlichen Organismus. Aber was passiert mit den Aerosolen, die nicht an den Schleimhäuten „hängen bleiben“?

Die Reise der Aerosole durch die Atemwege

Forscher der University of Technology Sydney haben nun untersucht, wie weit eingeatmete Aerosole in die Lunge gelangen können. Der Aufbau der menschlichen Lunge und ihrer Verästelungen ist hoch komplex. Obwohl Computersimulationen nur sehr schwer umsetzbar sind, konnten die Wissenschaftler ein Modell entwickeln, das die ersten 17 Äste der Atemwege abbildet. Das Ergebnis der Simulation ist deutlich: In diesen Lungenverzweigungen lagern sich – je nach Atemfrequenz – zwischen 32 und 35 Prozent der Viruspartikel ab. Das heißt im Umkehrschluss, dass etwa zwei Drittel der eingeatmeten Aerosole in die tiefsten Lungen-Areale gelangen. 

Asymmetrisches menschliches Lungenmodell (Quelle: https://aip.scitation.org/na101/home/literatum/publisher/aip/journals/content/phf/2021/phf.2021.33.issue-6/5.0053351/20210617/images/medium/5.0053351.figures.online.f1.jpg)

Erklärung für das Phänomen des unbemerkten Sauerstoffmangels

Das Modell der australischen Forscher erklärt auch das Phänomen, dass Covid-19-Patienten viele kleine Entzündungsherde in der Lunge entwickeln und nicht – wie bei einer normalen Lungenentzündung – vereinzelte größere. Das Aveolarsystem sorgt dafür, dass der eingeatmete Sauerstoff aus der Atemluft aufgenommen wird und ins Blut übergeht. Das Corona-Virus kann die Lunge so schwer schädigen, dass der aufgenommene Sauerstoff im Blut stark sinkt. Typisch für das Virus ist, dass es viele Bereiche der Lunge schädigt, was sich in den vielen kleinen Entzündungsherden widerspiegelt. Dadurch bemerken die Betroffenen oftmals gar nicht, wie wenig Sauerstoff ihre Lunge aufnimmt. Sie bleibt noch lange elastisch, das Atmen fühlt sich für den Patienten normal an. Lediglich anhand der Parameter Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung lässt sich erkennen, dass der Patient ein Problem hat.

Mehr Ablagerungen im rechten als im linken Lungenflügel

Ein weiteres Ergebnis der Simulation ist, dass sich im rechten Lungenflügel – speziell im Ober- und Unterlappen – mehr Viruspartikel ablagern als im linken. Dies sei auf den asymmetrischen Aufbau der Lunge sowie auf die unterschiedlichen Atemwegsströme durch die Lungenlappen zurückzuführen.

Durch die Ergebnisse der Simulation soll zum einen das Verständnis, wie das Corona-Virus übertragen wird, verbessert werden. Zum anderen soll das Modell wichtige Erkenntnisse für die Therapie von Covid-19 liefern: So könnten beispielsweise medizinische Geräte entwickelt werden, durch die gezielt Medikamente im untersuchten Bereich des Atemsystems verbreicht werden können.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie sind hier abrufbar.

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