Studie der RWTH Aachen gibt 40 bis 60 Prozent relative Luftfeuchtigkeit als Idealwert an

Seit der Corona-Pandemie ist die Raumluftqualität stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und der Forschung gerückt. Meist geht es aber in den Diskussionen zum Thema um die Schlagworte Virenkonzentration, Aerosolbelastung und Infektionsrisiko. Die relative Luftfeuchte, die innerhalb eines Raumes vorherrscht, spielt dabei kaum eine Rolle beziehungsweise wurde bisher lediglich zur Vorbeugung von Schimmel als Größe zu Rate gezogen. Dabei trägt die ideale Luftfeuchtigkeit auch zu mehr Wohlbefinden bei.

Nur Minimal- und Maximalwert genormt

Ein Idealwert für die relative Luftfeuchtigkeit in einem Raum wurde bisher nicht definiert. Die „Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR)“ schreiben eine Obergrenze für die relative Feuchte an Büroarbeitsplätzen von 70 bis 80 Prozent Luftfeuchtigkeit vor, um Schimmel vorzubeugen.
Die Norm DIN EN 15251 „Eingangsparameter für das Raumklima“  hingegen gibt eine Empfehlung für die Ober- und Untergrenze der relativen Luftfeuchte bei Neubauten und Sanierungen: Als Minimalwert wird 25 Prozent, als obere Grenze 60 Prozent angegeben. Sie weist zudem darauf hin, dass bei einer Luftfeuchtigkeit von unter 30 Prozent gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten könnten.

Ideale Luftfeuchtigkeit für mehr Wohlbefinden

Welche Rolle spielt aber die relative Luftfeuchtigkeit für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen? Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen) sind dieser Frage in einer umfangreichen Literaturstudie nachgegangen. Das Ergebnis: Bei einer mittleren relativen Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent gäbe es die geringsten Beeinträchtigungen für die Gesundheit. Die Studie wurde im Auftrag des Fachverbandes Gebäude-Klima e. V. (FGK) erstellt.

Trockene Augen

Trockene Augen als Folge nicht idealer LeuftfeuchtigkeitSpeziell in der Heizperiode im Herbst und Winter leiden viele Menschen in geschlossenen Räumen unter zu trockener Luft: Die Augen jucken, die Haut trocknet ebenfalls aus und wird rissig. Ein Tränenfilm schützt unsere Augen vor dem Eindringen von kleinsten, in der Luft vorhandenen Partikeln, beugt Reizungen und Infektionen der Augen vor. Die Wissenschaftler der RWTH Aachen haben daher in ihrer Literaturanalyse zusammengefasst, wie sich eine zu niedrige relative Luftfeuchte auf die Augen und Haut auswirkt. Als idealer Luftfeuchtebereich wurde ein Korridor von 50 bis 80 Prozent angenommen. Eine geringere Luftfeuchtigkeit unter 50 Prozent habe direkte Auswirkungen auf das Wohlbefinden. Die Tränenfilmproduktion verringere sich und gleichzeitig steige die Frequenz des Lidschlags an. Zudem gehe die Zelldichte der Bindehaut-Becherzellen, in welchen der Tränenfilm gebildet wird, stark zurück. All diese Faktoren führen dazu, dass die Augen trocken werden und der Tränenfilm seiner Schutzfunktion nicht mehr nachkommen kann.

 

Rissige Haut

Die Analyse der wissenschaftlichen Arbeiten zur Beeinträchtigung der Haut durch zu trockene Raumluft führt die Wissenschaftler zu ähnlichen Ergebnissen. Bei einer relativen Luftfeuchte unterhalb von 50 Prozent komme es zu signifikanten Beeinträchtigungen: Die Haut büßt ihre Schutzfunktion ein.

Auswirkungen auf Atemwege

Die Luftfeuchte in einem Raum wirkt sich auch direkt auf unsere Atemwege aus. Sie erfüllen eine wichtige Funktion bei der Abwehr von Krankheiten: Zum Beispiel durch die Filterfunktion der Nase oder die Selbstreinigungsprozesse der Atemwegsschleimhaut. Eine relative Luftfeuchtigkeit von unter 40 Prozent führe dazu – so die Ergebnisse der Literaturanalyse – dass die körpereigenen Reinigungsfunktion der Schleimhäute und körpereigenen Abwehrmechanismen in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Für die Immunabwehr halten die Forscher 40 bis 60 Prozent Luftfeuchte für ideal.

Aerosole und Viren: Hohe Luftfeuchten führen zu Inaktivierung

Aerosole als Hauptübertragungsweg des Corona-Virus haben es in der Pandemie zu zweifelhaftem Ruhm gebracht. Daher wurden auch die Auswirkungen der relativen Luftfeuchte auf Viren und Aerosole untersucht. Die Forscher stellten fest, dass die relative Luftfeuchte – abhängig vom jeweiligen Virustyp – Auswirkungen auf dessen Inaktivierung hatte. Influenza-Viren werden bei mittleren relativen Luftfeuchten inaktiviert. Corona-Viren werden bei mittleren bis hohen relativen Luftfeuchten zu einem maximalen Grad inaktiviert. Bei einer hohen Luftfeuchtigkeit verkürze sich zwar die Schwebezeit von Aerosolen in der Luft. Allerdings wird die Bildung von gesundheitsschädlichem Schimmel in diesen Feuchtebereichen begünstigt. Daher empfehlen die Forscher erneut den mittleren Bereich der relativen Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent als Idealwert. Dieser stelle einen guten Kompromiss dar und sei der Bereich, der die geringsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen für den Menschen – auch in Pandemiezeiten – bedeute.

Fazit: Gut für die Gesundheit und den Arbeitgeber

Ideale Luftfeuchtigkeit für mehr Wohlbefinden

Generell kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass eine mittlere relative Luftfeuchte positive Effekte auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen hat. Erkrankungen und Reizungen der Atemwege, Haut und Augen können so verringert bzw. vermieden, damit verbundene Fehlzeiten signifikant verringert werden. Als ideale relative Luftfeuchtigkeit in Innenräumen empfehlen die Forscher daher konkret einen Wert von 40 bis 60 Prozent.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie der RWTH Aachen zum „Einfluss der Luftfeuchte auf den Mensch und seine Gesundheit“ ist hier abrufbar.

 

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