Macht es Sinn, die Maskenpflicht zu kippen?

Traumhaftes Wetter, sinkende Infektionszahlen und eine deutschlandweite Inzidenz von 13,2 – die schmerzlich vermisste „Normalität“ scheint langsam aber sicher zurückzukehren. Zahlreiche Bundesländer beginnen, ihre Einschränkungen zu lockern oder stellen dies zumindest in Aussicht. Am großzügigsten zeigen sich die Regierungen von Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Hier fiel gestern der Startschuss für die Rückkehr des Nachtlebens. Tanz-Clubs können mit beschränkter Personenzahl und strengen Hygiene-Auflagen wieder öffnen. Zudem beschloss Sachsen-Anhalt, die bislang geltenden Kontaktbeschränkungen in Kontaktempfehlungen umzuwandeln. In Brandenburg werden sogar sämtliche Kontaktbeschränkungen in der Öffentlichkeit aufgehoben.

Eine nahezu übereinstimmende Linie fahren die Bundesländer in Sachen Maskenpflicht. In Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Rheinland-Pfalz können die Masken bei Aktivitäten draußen künftig in der Tasche bleiben. Tragepflicht gilt nur noch zum Teil, etwa bei dichtem Gedränge oder, wie in Bremen beschlossen, nur noch an Bushaltestellen oder Bahnhöfen. Auch an Schulen werden die Maskenregeln gelockert. Im ansonsten eher strengen Bayern dürfen Schüler ihre Masken künftig zumindest auf dem Pausenhof und bei Wandertagen ablegen.

Junger Mann mit OP-Maske im Gesicht

Handels- und Lehrerverband sehen zu schnelle Lockerungen kritisch

Was den einen freut, alarmiert den anderen und so ließen die vorsichtigen Stimmen nicht lange auf sich warten: Die Bundesregierung mahnte auch angesichts neuer Virusvarianten zur Vorsicht vor allem in Innenräumen. „Wir haben alle mehr davon, wenn wir uns noch ein wenig disziplinieren“, sagte Vize-Sprecherin Martina Fietz in Berlin. Auch von Ländern, Kommunen und dem Handel kamen Warnungen vor zu raschen Lockerungen. Der Handelsverband Deutschland reagierte zurückhaltend auf Rufe nach einem Ende der Maskenpflicht. „Wir müssen jetzt alles vermeiden, was die erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie gefährdet und möglicherweise in einen nächsten Lockdown führt.“ Kunden und Händler hätten sich an die Maskenpflicht gewöhnt. Sie sollte erst abgeschafft werden, wenn Experten aus Medizin und Politik es für verantwortbar halten.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, zeigte sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur vorsichtig: „Es ist zwar richtig, dass Masken eine Belastung für die Betroffenen sind, sowohl für Lehrkräfte als auch für Schüler. Aber in der Gesamtabwägung warnen wir vor einer vorschnellen Abschaffung.“ Es gebe erhöhte Infektionszahlen bei Kindern und Jugendlichen, die bisher kaum geimpft seien. Auch rund 50 Prozent aller Lehrkräfte hätten noch keinen vollen Impfschutz.

Wissenschaftler sprechen sich für weitere Maskenpflicht aus

Und tatsächlich: Nach Ansicht von Wissenschaftlern könnte eine generelle Aufhebung der Maskenpflicht ein Wiederaufflammen der Pandemie nach sich ziehen. „Wenn wir nach dem Wegfall der Testpflicht in vielen Situation nun auch noch die Maskenpflicht fallen lassen, sind wir im Grunde in einem ungestörten Leben wie vor der Pandemie“, sagte Eberhard Bodenschatz vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Das Virus aber sei noch da und wesentlich infektiöser durch Mutationen. „Warum soll die Pandemie dann nicht wiederkommen?“.

Laut Aerosolforscher Christof Asbach stellt sich in Innenräumen die Frage des akzeptablen Risikos.  „Die Wahrscheinlichkeit in Innenräumen auf einen Infizierten zu treffen, bleibt mit und ohne Maskenpflicht gleich“, sagte der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung der dpa. „Das Risiko, sich anzustecken, ist ohne Maske natürlich höher.“ Er plädiere auch an die Vernunft der Menschen, sich unabhängig von Vorgaben in kritischen Situationen zu schützen.

 

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