Das Hermann-Rietschel-Institut der Technischen Universität Berlin hat in einer Studie das Ansteckungsrisiko mit Covid-19 in unterschiedlichen Innenraum-Szenarien untersucht. Dazu haben die Forscher erforscht, wie sich Aerosole – die ja als Hauptübertragungsweg für das Corona-Virus gelten – in verschiedenen Raumsituationen, wie zum Beispiel Theatern, Kinos, Schulen, Supermarkt, ÖPNV-Fahrzeuge, Restaurants oder Büros, verteilen und daraus wiederum Rückschlüsse auf die Infektionswahrscheinlichkeit mit dem Corona-Virus in dieser Situation gezogen.
R-Wert für jede Raumsituation
Die Wahrscheinlichkeit, sich in einer der idealtypischen Situationen mit dem Corona-Virus zu infizieren, nennen die Forscher situationsbezogenen R-Wert. Dieser setzt sich unter anderem aus den Größen Quellstärke (Emissionsrate; also die Menge der Aerosole, die man im Durchschnitt in einer bestimmten Situation ausatmet), Atemaktivität (Quelle und Empfänger), Aerosolkonzentration im Raum und der Aufenthaltsdauer im Raum zusammen. Zudem wird für dessen Berechnung vorausgesetzt, dass sich alle Personen im Raum an die AHA+L-Regeln halten. Der R-Wert gibt also die Wahrscheinlichkeitsgröße an, mit der man sich mit dem Coronavirus infiziert. Beträgt er 1 bedeutet dies, dass eine infizierte Person im Raum durchschnittlich eine weitere Person ansteckt.
Bild: © Hermann-Rietschel-Institut
Die Forscher kommen auf Basis dieses Rechenmodells beispielsweise zu dem Ergebnis, dass bei einem Supermarktbesuch ein situationsbezogener R-Wert von 1 herrscht. Das bedeutet: Wenn tatsächlich eine mit Covid-19 infizierte Person einen Supermarkt betritt, wird durchschnittlich eine weitere Person trotz aller Hygieneregeln ansteckt.
Vergleichbarkeit ist Trumpf
Der besondere Clou an den Ergebnissen des Rechenmodells ist, dass sie die unterschiedlichen Situationen vergleichbar machen: So beziffern die Forscher das Infektionsrisiko bei einem Opernbesuch mit einer Saalbelegung von 30 Prozent, während dem alle Anwesenden eine Maske tragen, mit einem R-Wert von 0,5. Das bedeutet, dass das Risiko, sich beim Besuch einer Opernvorstellung mit dem Corona-Virus anzustecken, nur halb so groß ist wie beim alltäglichen Besuch eines Supermarktes (R-Wert: 1,0). Besonders bitter für alle, die sich nach etwas „Normalität“, wie zum Beispiel einen Besuch beim Italiener um die Ecke sehnen: Bei einem Restaurantbesuch ist das Infektionsrisiko mit einem Wert von 2,3 sogar noch viel höher – selbst wenn die Abstandsregeln eingehalten werden und nur jeder zweite Restauranttisch besetzt wird.
Die vollständigen Ergebnisse der Studie sind nachzulesen unter https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/12578/5/kriegel_hartmann_2021.pdf.