Die Luftqualität in Innenräumen ist seit der Corona-Pandemie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Hinweise und Leitfäden, wie man Räume richtig lüften soll, um die Aerosol-Konzentration und damit das Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 zu verringern, gibt es zu genüge, wie zum Beispiel jene von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Legt man zur Bewertung einer guten und vor allem gesunden Raumluft nur die Aerosol-Konzentration als Kriterium an, greift dies zu kurz. In der Innenraumluft können eine Vielzahl von Substanzen auftreten, die in zu hoher Konzentration die Gesundheit beeinträchtigen oder sogar schädigen können.
Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (kurz AIR) beschäftigt sich genau mit diesem Thema. Als Arbeitsgruppe des Umweltbundesamtes legt er bundeseinheitliche Richtwerte, hygienische Leitwerte und risikobezogene Leitwerte zur gesundheitlichen Bewertung der Innenraumluft fest. Diese Werte für verschiedene Einzelsubstanzen, die in der Luft vorkommen können, erlauben eine quantitative Bewertung und legen folglich fest, ab wann sich eine bestimmte Substanz in der Raumluft negativ auf die Gesundheit der Personen im Raum auswirken kann.
Was ist ein Innenraum?
Der AIR legt der Definition von „Innenraum“ jene des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) zugrunde. Danach sind folgende Raumarten als Innenräume definiert:
- Private Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Bastel-, Sport- und Kellerräumen, Küchen und Badezimmern
- Arbeitsräume in Gebäuden, die im Hinblick auf gefährliche Stoffe nicht dem Geltungsbereich der Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV) unterliegen wie etwa Büroräume
- Innenräume in öffentlichen Gebäuden (Krankenhäuser, Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Bibliotheken, Gaststätten, Theater, Kinos und anderen öffentliche Veranstaltungsräume)
- Innenräume von Kraftfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln
Richtwerte für Innenraumluft
Der AIR hat zwei Richtwerte für gesunde Raumluft definiert: den Vorsorgerichtwert und den Gefahrenrichtwert. Beide Werte fußen auf dem sogenannten Basisschema nach toxikologischen Gesichtspunkten. Zu beachten ist, dass es sich bei Richtwerten generell um Empfehlungen handelt. Es sind keine gesetzlich verbindlichen Werte, die bei Nichteinhaltung sanktioniert werden können.
Der Vorsorgerichtwert (Richtwert I oder RW I) macht Aussagen über die Konzentration eines bestimmten Schadstoffes in der Innenraumluft. Bei Einhaltung oder Unterschreitung des Richtwertes für diese Substanzen ist nach aktuellem Forschungsstand – auch bei lebenslanger Exposition – mit keinerlei gesundheitlicher Beeinträchtigung zu rechnen. Wird der Richtwert I überschritten, sollte aus Gründen der Vorsorge präventiv gehandelt und Maßnahmen zur Minimierung der Schadstoffkonzentration eingeleitet werden. Dieser Wert kann daher quasi als Zielgröße bei Sanierungen genutzt werden.
Der Gefahrenrichtwert (Richtwert II oder RW II) bezieht sich auf das aktuelle toxikologischen und epidemiologischen Wissen zur Wirkungsschwelle eines Schadstoffes. Er ist ein sogenannter wirkungsbezogener Wert. Wird dieser erreicht oder überschritten, ist unverzügliches Handeln nötig. Denn beim Überschreiten des Richtwertes droht Gesundheitsgefahr: Schäden für die menschliche Gesundheit sind dann laut AIR „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit“ zu erwarten.
Hygienischer und risikobezogener Leitwert
Ergänzend zu den Richtwerten hat der AIR zwei weitere Leitwerte zur gesundheitlichen Bewertung der Innenraumluft entwickelt. Der hygienische Leitwert definiert einen Schwellenwert, beispielsweise für die Konzentration von Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub. Auf Basis praktischer Erfahrungen wurde für diese Schadstoffe bereits festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit für Beschwerden oder negative gesundheitliche Auswirkungen mit steigender Konzentration in der Raumluft zunimmt. Jedoch reichen die wissenschaftlichen Erkenntnisse aktuell noch nicht aus, um einen rein toxikologisch begründeten Richtwert abzuleiten.
Die risikobezogenen Leitwerte hingegeben machen Aussagen zum gesundheitlichen Risiko von krebserzeugenden Stoffen in der Innenraumluft. Sie fußen auf Messdaten der Innenraumluft zum Vorkommen der untersuchten Substanz und sowie toxikologischen und/oder epidemiologischen Daten zur sogenannten Expositions-Risikobeziehung. Substanzen, die unter diese Bewertungskategorie fallen, sind zum Beispiel Benzole.
Die vollständige und aktuelle Übersicht zu den Richt- und Leitwerten der AIR ist hier abrufbar.