Können Geimpfte das Coronavirus weitergeben – und falls ja, wie ansteckend sind sie? Seit Wochen beschäftigt diese Überlegung Medizin, Politik und Gesellschaft gleichermaßen und befeuert das Für und Wider von Impfungen. Für etwas mehr Klarheit könnte eine neue Studie aus England sorgen, über die der österreichische Mikrobiologe Martin Moder auf Twitter berichtet.
Laut Preprint der Studie halbiert bereits die erste Impfdosis die Wahrscheinlichkeit, einen Mitmenschen mit dem Coronavirus anzustecken. Zwar sei im Rachen von Geimpften und Nichtgeimpften unter Umständen die gleiche Viruslast zu messen, die Viren geimpfter Personen seien allerdings nicht so vermehrungsfähig wie die Ungeimpfter.
Antikörper verkleben das Virus
Erstellt wurde die englische Studie noch vor Auftauchen der hochansteckenden Deltavariante, allerdings können durch deren Berücksichtigung wiederum neue Daten gewonnen werden. Diese zeigen, dass die Viruslast bei Geimpften und Ungeimpften in den ersten Tagen nach der Infektion ähnlich hoch ist. Oftmals wurde dies so interpretiert, dass Geimpfte ebenso ansteckend seien wie Ungeimpfte. Diese Überlegung geht laut Moder allerdings nicht weit genug. Entscheidend sei nicht die Menge an Viren, sondern deren Infektiosität und hier gäbe es einen signifikanten Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften. Während die Infektiosität bei Ungeimpften in einem Zeitraum von drei Wochen laut Studie nur leicht und langsam abnimmt, ist bei Geimpften ab dem fünften Tag ein sprunghafter Abwärtstrend zu beobachten.
Erklären lässt sich dies folgendermaßen: Geimpfte verfügen über Antikörper, die das Virus neutralisieren. Diese Antikörper können die Oberfläche des Virus „verkleben“. Seine RNA ist über einen PCR-Test zwar nachweisbar, allerdings ist das Virus nicht mehr in der Lage, sich zu vermehren. Statt sich allein auf die Viruslast zu stützen, fordert Moder eine Überprüfung, ob Vollimmunisierte ebenso infektiöse Viren in sich tragen wie Ungeimpfte.
Schritt in Richtung Normalität?
Für die englische Studie wurden – sowohl mit PCR-Test (Anzahl RNA-Kopien) als auch mit Vermehrung in einer Zellkultur (Infektiosität der Viren) – 161 Impf-Durchbrüche untersucht. Wie erwartet, zeigte sich auch hier kein signifikanter Unterschied in der Viruslast (Ct-Wert). Aber: In Zellkulturen ließen sich die Viren von Geimpften deutlich seltener vermehren, als die Viren von Ungeimpften. Besonders groß sind diese Unterschiede im mittleren Ct-Bereich.
Wie bedeutsam dieser Effekt im Alltag ist und wie er sich mit Abstand zu Impfung verändert, ist bislang nicht bekannt. Er legt allerdings nahe, dass Geimpfte trotz gleicher Viruslast weniger ansteckend sein dürften als Ungeimpfte. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis als großer Schritt in Richtung Normalität erweist.
Veronika Kramheller ist seit 2007 PR-Beraterin bei der Agentur vibrio. Kommunikationsmanagement Dr. Kausch. Sie betreut Technologieunternehmen v.a. aus B2B-Branchen und beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Lufthygiene.