Aktuelle Nachrichten zu Lufthygiene, Corona und COVID-19 aus Forschung und Wissenschaft.
Singen unter Corona: Konsonanten lassen Aerosole fliegen
Das kulturelle Leben steht seit Beginn der Corona-Pandemie weitestgehend still. Museen sind geschlossen, Konzerte auf unbestimmte Zeit verschoben. Dass die Ansteckungsgefahr insbesondere beim Singen besonders hoch ist, bestätigen mittlerweile zahlreiche Studien – mit teils kuriosen Ergebnissen:
Japanische Wissenschaftler haben einen achtköpfigen Chor unter Laborbedingungen in mehreren Sprachen singen lassen: ein japanisches Kinderlied, Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ und Teile aus Giuseppe Verdis „La Traviata“. Währenddessen wurden die ausgestoßenen Aerosolpartikel der Studienteilnehmer gemessen. Beethoven kam mit 1.302 Partikel pro Minute besonders schlecht weg. Bei Verdi waren es immerhin noch 1.166 Partikel pro Minute. Am harmlosesten war das japanische Kinderlied mit 580 Partikeln pro Minute.
Eine weitere Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Hier wurde der Tröpfchenflug beim Singen gemessen. Auf Japanisch flogen die Tröpfchen 61 Zentimeter weit, auf Deutsch ganze 1,12 Meter.
Woran das liegt? An der unterschiedlichen Anzahl und Härte der Konsonanten. Diese sind im Japanischen relativ weich. Deutsch hat besonders viele und relativ harte Konsonanten, beim Singen werden deshalb besonders viele Aerosolpartikel ausgestoßen und die Ansteckungsgefahr ist höher.
Aerosole an Schulen: Schutzkonzept aus Raumlüftern und Trennscheiben sinnvoll
Christian Kähler, Professor für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, plädiert für ein Schutzkonzept aus Raumlüftern und Trennscheiben an Schulen. Dass die Idee auch im realen Einsatz und in unterschiedlichsten Raumsituationen funktioniert, beweist eine neue Studie. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt Kähler, wie das Konzept funktioniert und welche Auswirkungen sein Einsatz auf das Infektionsgeschehen und den Schulalltag hätte.
Spanische Studie bestätigt: Kinder können Corona ebenso übertragen wie Erwachsene
Wenig überraschend: Der Vorabbericht einer aktuellen spanischen Studie von Forschern aus Valencia scheint zu bestätigen, was allgemein zu erwarten war: Kinder können das Corona-Virus ebenso übertragen, wie Erwachsene. Die Studie verglich Kinder und Erwachsene, beide mit Corona-Erkrankung, die die Patienten nicht zu einem Klinik-Aufenthalt zwangen. Untersucht wurden 256 Kinder und 928 Erwachsene. „Die Daten deuten darauf hin, dass Kinder in gleichem Maße wie Erwachsene für die Übertragung von SARS-CoV-2 in der Allgemeinbevölkerung verantwortlich sein könnten.“
Quelle: medRxiv: „Upper respiratory tract SARS-CoV-2 RNA loads in symptomatic and asymptomatic children and adults„
Neue Studie: sehr gute Werte für AstraZeneca im Vergleich zu BioNTech bei Senioren
Eine britische Studie, die seit dem 2. März in einer Vorveröffentlichung vorliegt, ergab eine sehr gute Wirkung der Corona-Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und AstraZeneca bei Seniorinnen und Senioren. Beide Impfstoffe reduzieren signifikant schwere Erkrankungen, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle bei älteren Erwachsenen und bieten auch zuverlässigen Schutz gegen die sogenannte „britische“ B117-Variante des COVID-19-Virus.
Die Studie, die von Forschern des Public Health England (PHE) bei über 70-Jährigen durchgeführt wurde, ergab für AstraZeneca schon nach der ersten Impfdosis eine Wirksamkeit von 60 bis 73 % gegen eine COVID-19-Erkrankung. Das ist höher als die Wirksamkeit bei der ersten Dosis von BioNTech. Für BioNTech stieg die Wirksamkeit nach der zweiten Dosis dann auf über 85%. Für AstraZeneca gab es noch keine Daten für die zweite Dosis. Besonders beruhigend ist der Nachweis einer hohen Wirksamkeit auch gegenüber der britischen Variante des Virus: „Es gibt eine eindeutige Wirkung der Impfstoffe gegen die betroffene britische Variante.“
Quelle: „Early effectiveness of COVID-19 vaccination with BNT162b2 mRNA vaccine and ChAdOx1 adenovirus vector vaccine on symptomatic disease, hospitalisations and mortality in older adults in England“ (veröffentlicht unter CC-BY-NC-ND 4.0 International license)
Aerosolwolken – Wie sie sich verteilen und wann es gefährlich wird
Weltweit wird am Verhalten virenhaltiger Aerosolwolken und deren Anreicherung in Räumen geforscht. Wie wir uns diese Wolken vorstellen können und wann sie gefährlich werden, zeigt dieser Clip des NDR-Gesundheitsmagazins Visite.
Raumluftmessgeräte: CO2-Ampelsystem gegen Corona
Hörenswerter Rundfunkbeitrag vom SWR, der 1:1 zu unserer aktuellen Marktübersicht Raumluftmessgeräte passt:
„Einfache Messgeräte können die CO2-Werte in Klassenzimmern und Büros erfassen. Das könnte ein Hilfsmittel zur Corona-Vorsorge sein: Denn wenn viel ausgeatmetes CO2 in der Luft ist, dann sind auch viele Aerosole in der Luft. Und die können Coronaviren übertragen.“ Zum Audiomitschnitt geht es > hier entlang <.
Kaum Ansteckungsgefahr beim Friseurbesuch
Seit heute dürfen Friseursalons wieder öffnen. Angesichts des anhaltenden Lockdowns und steigender Infektionszahlen sorgt diese Entscheidung allerdings für große Diskussionen. Ist die Ansteckungsgefahr beim Waschen, Schneiden und Legen tatsächlicher geringer als in anderen Bereichen? Laut einer Studie der TU Berlin ist dem tatsächlich so. Untersucht wurde, an welchen Orten des täglichen Lebens die Ansteckungsgefahr am höchsten ist und wie stark Aerosole dort das Virus übertragen.
Um die verschiedenen Örtlichkeiten miteinander zu vergleichen, legte das Berliner Hermann-Rietschel-Institut einen „situationsbedingten R-Wert“ fest. Dieser gibt an, wie viele Menschen sich in einer bestimmten Situation vermutlich anstecken würden. Exemplarisch wurde davon ausgegangen, dass sich jeweils ein Infizierter unter Einhaltung aller Hygiene- und Abstandsregeln mit weiteren Gesunden in einem Raum aufhält. Als Basis für die Berechnung des Infektionsrisikos diente den Wissenschaftlern die eingeatmete Viren-Dosis, die sich aus Quellstärke (Emissionsrate), Atemaktivität sowie Aerosolkonzentration und Aufenthaltsdauer im Raum zusammensetzt.
Der R-Wert beim Friseurbesuch liegt demnach bei 0,6 und liegt gleichauf mit einem Besuch in Theater, Oper oder Museum – sofern deren Belegung bei 40 Prozent liegt. Der Einkauf in Geschäften mit 10 Quadratmetern Ladenfläche pro Person kommt bereits auf einen Wert von 1,1. Dass das Risiko hier höher ist, als beim Friseurbesuch, erklären die Forscher mit dem Aktivitätsgrad. Während beim Friseur nur am Platz gesessen werde, bewege man sich beim Einkaufen mehr und produziere damit auch mehr Aerosole. Gleiches gilt für Fitnesstudios. Die hohe körperliche Aktivität treibt auch hier Aerosolausstoß und R-Wert nach oben. Ist das Studio unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln zu 50 Prozent belegt, liegt der R-Wert bei 1,4. Wird auf die Maske verzichtet, steigt er auf 3,4.
Karlsruher Institut für Technologie: Aerosol-Reste stundenlang in der Luft
Reste von ausgeatmeten Aerosolen könnten sich stundenlang in der Luft halten und dabei auch Viren wie das Corona-Virus übertragen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Den Artikel vom SWR gibt es > hier <
Aerosole und Covid-19 – (k)ein zufälliger Zusammenhang
Interessanter Beitrag des Deutschlandfunks: „Je länger die Forschung das Coronavirus beobachtet, desto klarer werden auch die Wege, auf denen es sich ausbreitet. Immer mehr rücken dabei die sogenannten Aerosol-Partikel in den Fokus – also mikroskopisch kleine Schwebeteilchen, die durch die Atemluft verbreitet werden.“
Den ganzen Beitrag gibt es > hier <.
Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson vor der Zulassung.
Seit letzter Woche liegt der Antrag auf beschleunigte Zulassung des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson bei der EMA (European Medicines Agency). Das wäre dann nach BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca der vierte COVID-19-Impfstoff, der in der EU zugelassen wäre. Wie bei AstraZeneca handelt es sich um einen Vektorimpfstoff. Wir zitieren eine Meldung des Paul-Ehrlich-Instituts:
„Er besteht aus einem harmlosen, nicht vermehrungsfähigen Virus aus der Familie der humanen Adenoviren (Erkältungsviren). Das Virus wurde so verändert, dass es das Gen für die Herstellung des Spike-Proteins enthält. Dieses Oberflächenprotein wird vom SARS-Coronavirus-2 benötigt, um in die Körperzellen einzudringen. Nach der Impfung bringt der Impfstoff das SARS-CoV-2-Spike-Protein-Gen in die Körperzellen ein. Die Zellen lesen das Gen ab und produzieren das Spike-Protein. Das Immunsystem erkennt dieses Protein als fremd, produziert Antikörper und aktiviert T-Zellen (weiße Blutkörperchen), um das Virus unschädlich zu machen und infizierte Zellen zu eliminieren. Kommt eine Person später mit dem SARS-CoV-2-Virus in Kontakt, wird ihr Immunsystem die Spike-Proteine auf dem Virus und Virus-infizierte Zellen erkennen und bekämpfen.“
Wenn alles klappt erhält der neue Impfstoff noch im März die Zulassung.
Quelle: Paul-Ehrlich-Institut.
Illustration: Andrey Popov @ AdobeStock . com